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Zoophilie-Vergleich, Mobbing-Erfahrungen und politische Normalisierung von Hass – ein Fall, der die Schulstadt Leibnitz erschüttert

Leibnitz, Steiermark. Inmitten der Gemeinderatswahl in der steirischen Bezirkshauptstadt entlarvt sich ein bedrückendes gesellschaftliches Klima: Während sich die FPÖ auf eine Koalition mit ÖVP und Bürgerforum vorbereitet, geraten Aussagen aus ihren Reihen unter scharfe Kritik. Der Grund: Öffentliche Verharmlosung von Hass, Diffamierung queerer Menschen und die skandalöse Unterstellung einer Nähe zur Zoophilie.

Ausgangspunkt war ein Posting vom 19. März 2025 in der großen Facebook-Gruppe LeibnitzLeaks, in der der Admin über reale Fälle von Mobbing, Ausgrenzung und Angst berichtete, die ihm von queeren Jugendlichen und deren Familien anvertraut wurden. Schon Monate zuvor hatte er ähnliche Sorgen öffentlich gemacht. Seine Botschaft: „Liebe bedeutet, niemanden zu wählen, der Menschen verletzt, die dir wichtig sind.“

Die Reaktion eines FPÖ-Kandidaten auf diesen Appell war ein Kommentar, der inhaltlich und moralisch fassungslos macht:

„…dass es sich im Zuge der LGBTIQ+ Bewegung auch um Personen handeln könnte, die sich zum Beispiel als „Katze oder Hund“ identifizieren möchten oder hinsichtlich ihrer sexuellen Orientierung zoophil sind…“

Die Gleichsetzung queerer Identität mit illegalen sexuellen Neigungen ist eine über Jahrzehnte bekannte Strategie rechter Hetze. Der Gruppenadmin löschte den Kommentar und sperrte den Kandidaten wegen Hass Rede (Hate Speech). Dieser wiederum veröffentlichte die Löschung auf seinem Profil, wiederholte seine Aussagen und stellte sich als Opfer von „linker Scheinheiligkeit“ dar.

Schwerer wiegt: Der FPÖ-Bürgermeisterkandidat Daniel Kos teilte diesen Beitrag mit der Bemerkung „Eine Frechheit 😡“ und fragte: „Was sagt ihr dazu?“ Eine Distanzierung von den queerfeindlichen Aussagen? Fehlanzeige. Eine Solidarisierung mit Betroffenen? Keine Spur. Ein Bekenntnis zur Vielfalt in einer Schulstadt? Nicht erkennbar.

Währenddessen: Am Tag darauf berichten Medien über Razzien gegen eine Gruppe, die sich selbst „Pedo Hunters“ nannte – ein verharmlosender Name für eine verabscheuungswürdige Bewegung, die unter dem Vorwand, mutmaßliche Sexualstraftäter zu stellen, eigenmächtig Jagd auf Menschen machte. Ihre Rechtfertigung: eine durch nichts belegte Unterstellung von Pädophilie. Doch die Polizei stellte bei der Pressekonferenz mehrfach klar: Keiner der Betroffenen war pädophil.

Diese Hassverbrechen zeigen eindrucksvoll, wie schnell Begriffe wie „Pädophilie“ oder „Zoophilie“ – strategisch gestreut aus rechtsextremen Kreisen – als vermeintliche Legitimation für Gewalt, Ausgrenzung und Hetze missbraucht werden können.

Die Betroffenen in Leibnitz schweigen nicht. Eltern melden sich mit erschütternden Berichten:

„Mein Kind ist xx und hat sich geoutet. Jetzt ist es beim yyy in Behandlung, da es angefangen hat, sich selbst zu verletzen und dieses Mobbing nicht mehr ertragen konnte.“

„Meiner Tochter wurde auch Zoophilie und der Vergleich mit einem Pädophilen gestellt.“

Diese Schicksale sind keine Randnotizen. Sie sind direkte Folgen eines Klimas, in dem queere Menschen entmenschlicht und verhöhnt werden dürfen – während angehende Mandatare zuschauen oder applaudieren.

Der Gruppenadmin kommentierte die Entwicklung so:

„Solche Aussagen haben nichts mit Meinung zu tun. Sie sind ein Angriff auf die Menschenwürde. Sollte Daniel Kos Bürgermeister werden und wenn zukünftig diese Jugendlichen oder Eltern den Namen des Bürgermeisters lesen, werden sie daran erinnert, was ihnen widerfahren ist – und wer diesen Hass auf sie mitgeschürt hat.“

Was bleibt, ist ein erschreckender Einblick in die Normalisierung von Hass. Dass Daniel Kos, der keine erkennbare Distanz zu diesen Vorgängen zeigt, nun als designierter Bürgermeister der Schul- und Bezirksstadt Leibnitz gilt, ist ein Schlag ins Gesicht – für die Opfer von Hate Speech und Mobbing, und für all jene, die sich tagtäglich für Respekt, Vielfalt und Menschenrechte einsetzen.

Sowohl Manuela Kittler vom Bürgerforum Leibnitz als auch Jochen Pießnegger von der ÖVP Leibnitz wurden mit auf diesen Sachverhalt angesprochen. Frau Kittler blockierte den Admin, als er nachfragte, und auch von Herrn Pießnegger kam nur eine kurze Nachfrage, wer dieses Kommentar verfasst hat. Danach war Sendepause.

Daniel Kos hat seinen Beitrag mittlerweile gelöscht – doch bis heute hat er sich nicht öffentlich zu den Aussagen seines Parteikollegen geäußert oder sich davon distanziert. Sein Schweigen spricht Bände – gerade in einer Stadt, in der viele Jugendliche tagtäglich mit den Folgen von Mobbing und Ausgrenzung leben müssen.

Wollen wir wirklich einen Gemeindevorstand in Leibnitz, der auf solch schwerwiegende Vorwürfe lieber mit Blockieren und Schweigen reagiert, anstatt sich als Stadtrat einer Schulstadt mit diesem Thema auseinanderzusetzen und Mobbing sowie Hass entschieden entgegenzutreten?

Anmerkung: Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.

Quellen: Der Standard
Österreichische Neonazis lockten Schwule für brutale Übergriffe in Falle
Kritik am künftigen FPÖ-Bürgermeister in Leibnitz

Presseanfragen für Screens und Links: office@suedsteiermark.at